Der Ablauf einer archäologischen Ausgrabung:
Es gibt eine enorme Vielfalt an Arten der archäologischen Ausgrabung. Es dürfte klar sein, das beispielsweise ein versteinertes Dinosaurierskelett völlig anders ausgegraben wird, als eine jungsteinzeitliche Siedlungsfläche oder einem römischen Ziegelbau.
Doch selbst innerhalb einer einzelnen Ausgrabung beispielsweise der Jungsteinzeit müssen sehr unterschiedliche Methoden angewandt werden, welche der aktuellen Befundsituation angepasst sind. Hier soll exemplarisch der Ablauf einer Ausgrabung von weitgehend jungsteinzeitlichen Siedlungsflächen gezeigt werden.

1. Beginn:
Zu Beginn steht eine Fläche die durch aufgefundene Scherben, Verfärbungen im Boden, etc. die Vermutung zulässt, hier befinden sich archäologische Bodendenkmäler. Sollten diese dann durch Baumaßnahmen, Erosion oder ähnliches akut in Gefahr sein, schreiten Ausgraäber zur Tat. Oft sind dies Grabungsfirmen, Denkmalämter oder als große Ausnahme im Landkreis Freising der archäologische Verein.
Natürlich wird in der Fläche nicht wild drauf losgegraben. Sorgfältig muss ausgemessen werden in welchem Bereich überhaupt geraben werden muss. Bei einer geplanten Strassentrasse muss also auch nur im Strassenbereich überhaupt gehandelt werden. Im Gelände werden also die betroffenen Flächen ausgemessen und mittels Fluchtstäben ausgesteckt, damit dann der Oberbodenabtrag erfolgen kann.

2. Der Oberbodenabtrag:
In der abgesteckten Fläche wird mittels Bagger der Oberboden bis hin zum gewachsenen Boden langsam abegetragen. Hierbei müssen immer mehrere Ausgräber den bagger beaufsichtigen, da auftretende Funde vom Führerhaus aus nicht immer sofort erkennbar sind.

Bild: Oberbodenabtrag auf einer Ausgrabung in Kirchamper: Die Arbeiten werden von Mitgliedern des archäologischen Vereins genau überwacht.

Wenn tatsächlich Funde auftreten, arbeitet der Bagger nur noch extrem vorsichtig. In manchen Fällen wird auch per Hand mit Spaten, Schaufel oder Spachtel weitergearbeitet. Funde im sogenannten Planum (freigelegter gewachsener Boden)zeichnen sich durch eine zumeist deutliche dunklere Färbung ab. Größere dunklere Flächen sind häufig Gruben (Abfallgruben, Lehmentnahmegruben, etc.). Kleinere und runde Verfärbungen sind oft Pfostengruben. Weiterhin gibt es noch Gräbchen, ohne zu einer Grube gehörend aufgefundene Knochen, Keramik, etc.. Alle Befunde im Gelände bekommen eine eigene Nummer zugewiesen, die auf der Fläche angebracht wird. Offen liegendes Fundmaterial wie Knochen, Silex oder Keramik werden sofort in ihrer Lage eingemessen, ggf. fotografiert und in Tütchen oder Schachteln verpackt um sie nicht der Witterung, der Gefahr zertreten zu werden oder Diebstahl auszusetzen. Die Befunde werden säuberlich mit Schabern freigelegt, um die Umrisse später klar aufmessen zu können. Hierbei ist es wichtig, eine möglichst saubere Grabungsfläche zu bekommen, auf der nicht unnötig Erde herumliegt, die bei Regen verwaschen wird und man dann nichts mehr erkennen kann.



Bild: Freilegen der Befunde: Mitglieder des archäologischen Vereins bereiten die Grabungsfläche für das Zeichnen und Einmessen vor.

3. Das Einmessen:
Die sich abzeichnenden Gruben werden elektronisch oder auch per Hand (je nach Notwendigkeit) in einen Gesamtplan eingetragen. Hieraus ist später die genaue Lage der Gruben, Pfosten, Funde, etc. zu ersehen und eine Rekonstruktion von zusammengehörenden Befunden in Kombination mit dem später ergrabenen Fundmaterial möglich.

4. Ausgraben von Gruben:
Große Gruben werden zumeist Schichtweise (Planumsweise) mit einer Schichtdicke von 20cm ausgegraben. Die Erde wird vorsichtig mit dem Spaten abgestochen und in Schubkarren geleert, wo sie dann von den "Bröslern" auf Kleinfunde durchsucht wird. Häufig kommen hier herrlichste Dinge zum Vorschein. Größere Funde spürt der erfahrene Ausgräber schon mit dem Spaten. Diese werden dann vorsichtig mit der Spachtel freigelegt, eingemessen, gezeichnet und evtl. fotografiert. Solche Funde sind auf jeder Grabung immer wieder ein Highlight, was man schon daran sieht, das sich die Ausgräber um solche Fundstellen scharen um hautnah dabei zu sein, wenn ein Relikt aus der Vergangenheit gehoben wird. Ist eine Schicht abgetragen, wird diese mit Schabern geputzt, gesäubert und dann abermalls ein Aufmaß erstellt. Dies ist wichtig, damit später die genauen Ausmaße der Grube ersichtlich werden und eventuelle Grubenhäuser oder andere Befunde rekonstruieren zu können.

Bild: Ausgrabung in Mauern: Die Ausgräber werden in kleine Gruppen von 3-4 Leuten eingeteilt und mit Schaufel, Spaten und Spachtel bewaffnet. Jede dieser Gruppen nimmt sich eine Grube vor, die sie dann sorgfältig ausgräbt.

Manche Gruben machen es nötig, sie zu schneiden. Generell wird dies bei Pfostengruben, Gräbchen und offensichtlichen Vorratsgruben gemacht. Feuerstellen werden auch häufig nach diesem Verfahren freigelegt. Bei anderen Gruben kommt das Verfahren je nach Notwendigkeit zur Anwendung.
Beim Schneiden beispielsweise einer Pfostengrube, wird diese in zwei Hälfte unterteilt, wobei die der Sonne zugewandte Seite ausgehoben und der Abtsich gesäubert wird, bis sich der Pfosten abzeichnet. Die gschnittenen Pfosten werden dann in ihrem Durchmesser, Tiefe, Form und Farbgebung erfasst. So können später Gebäude rekonstruiert werden.

Bild: geschnittener Pfosten: Dieser Pfosten ist einst abegbrannt. Dies zeigt die starke Verziegelung und die Holzkohle.

Bild: Gschnittene Pfosten und fertig ergrabene Gruben auf einer Grabungsfläche in Mauern

5. Auswertung:
Am Ende der eigentlichen Grabung steht die Auswertung der Funde und Befunde. Nun müssen die Funde katalogisiert und sortiert werden. Nach Bedarf gehen einzelne Funde zur weiteren Untersuchung oder Restaurierung an geeignete Stellen. Gefäße werden zusammengeklebt und restauriert. Knochen werden bestimmt. Steinwerkzeuge werden auf die Herkunft des Ausgangsgesteins hin untersucht um Handelswege nachweisen zu können. Gebäude werden rekonstruiert und die einzelnen Befunde zu Siedlungskomplexen und Zeiten zugeordnet. Auch die Auswertung ist stets auf die vorliegende Situation anzupassen.

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